Volkstheater Rostock – Glorious! – Florence Foster Jenkins – die schlechteste Sängerin der Welt

Dass es zahlreiche Leute gibt, die trotz fehlendem Talent auf der Bühne singen wollen, sieht man schon anhand der zahlreichen Castingshows im deutschen Fernsehen, in denen die die Realität erfolgreich ignorierenden Zeitgenossen ihre Mitmenschen mit ihren talentfreien Darbietungen quälen beziehungsweise und ihnen einen Grund liefern, um sich über sie lustig machen zu können. Dass man auch ohne ein Gramm Talent Karriere machen kann bewies die amerikanische Sängerin Florence Foster Jenkins, wobei man die Bezeichnung Sängerin ironisch auffassen sollte, denn zu ihrer Zeit eilte ihr der Ruf voraus, die schlechteste Sängerin der Welt zu sein. Was Florence Foster Jenkins von den heutigen Zeitgenossen unterscheidet, war ein Selbstbewusstsein, dass unerschütterlicher hätte nicht sein können, und so stark, dass sie sich selbst, mit ihrer Selbstdarstellung als gefeierte Diva, auch mit den größten Sängerinnen ihrer Zeit auf eine Stufe stellte. Ihr Vater, ein Industrieller aus Philadelphia, finanzierte in ihren Kindertagen Musikunterricht, dessen gesangliche Ergebnisse anscheinend so schlecht gewesen sein müssen, dass er ihren Wunsch Sängerin zu werden, nicht wirklich ernst nehmen konnte und diesen Wunsch schon gar nicht finanzieren wollte.

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Nach einer geschiedenen Ehe und dem Tod ihres Vaters, der ihr ein großes Vermögen hinterlies, hatte Florence Foster Jenkins die Unabhängigkeit erhalten, die sie für ihre Gesangskarriere benötigte. Sie war auf kein Engagement angewiesen von dem sie leben musste, sondern hatte genug Geld auf der hohen Kante, um mit diesem in die Künstlerszene ihrer Heimatstadt einzutreten. Nachdem sie im Jahre 1912 ihr erstes Konzert gab, avancierten ihre Auftritte zu einer Art Geheimtipp für Leute, die mal „etwas Anderes“ sehen wollten. Ihre Auftritte, die man um es nett auszudrücken etwas schräg herüberkamen, waren schon in dieser Zeit etwas Besonderes, denn wenn man die Konzerte stark limitiert, so wie es Florence Foster Jenkins tat, ist die Nachfrage deutlich höher. So konnte sie sich einen gewissen Kultstatus in Philadelphia aufbauen, später auch in New York, wo einmal pro Jahr im Ritz-Carlton-Hotel vor einem ausgewählten Publikum auftrat. Ihr bekanntester Auftritt sollte aber erst im hohen Alter erfolgen, wo sie mit 76 Jahren die Carnegie Hall in New York größtes Konzert gab, das bis auf den letzten Platz ausverkauft war.

Ob sie gut einen Monat später durch diese Erfahrung glücklicher starb, oder aus Enttäuschung, kann man nicht zweifelsfrei sagen, die Kritiken für diesen Abend zumindest waren alles andere als schmeichelhaft. Die bekannteste Kritik dieses Abends bescheinigt ihr unter anderem, dass sie sich nicht von den Absichten der Komponisten hat einschüchtern lassen, eine wirkliche Anerkennung klingt anders. Wer einmal hören möchte, wie Florence Foster Jenkins ihr Publikum unterhalten oder gequält hat, jeder sieht das anders, kann sich die auf CD veröffentlichen Aufnahmen einmal anhören. Der Hölle Rache heißt eines dieser Alben, der Titel stammt zwar aus der Oper Die Zauberflöte, ihn könnte man aber auch wörtlich nehmen, wenn man für jemanden den man nicht mag noch ein Weihnachtsgeschenk suchen sollte.

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Das Volkstheater Rostock hatte sich der Geschichte schon einmal angenommen, dessen deutsche Fassung von Horst Johanning stammt. Anscheinend fast so erfolgreich wie Florence Foster Jenkins selbst, denn in diesem Jahr gibt es eine Wiederaufnahme des Bühnenstückes. In der Rolle der unnachahmlichen Florence Foster Jenkins sieht man Andrea Stache-Peters auf der Bühne des Theater im Stadthafen, ihren Pianisten Cosme McMoon, der nicht nur ihr nicht vorhandene Rhythmusgefühl ausgleichen und somit eigentlich mehr als das Publikum leiden muss, wird Björn-Ole Blunck verkörpern. In weiteren Rollen der von Petra Gorr inszenierten Komödie Glorious! – die wahre Geschichte der Florence Foster Jenkins, der schlimmsten Sängerin der Welt, sind Monika Boysen, Nadine Rosemann, Undine Cornelius und Ulrich K. Müller zu sehen. Ob Andrea Stache-Peters genauso schlecht wie Florence Foster Jenkins singen kann, dürfte man trotz des speziellen Gesangunterrichts den sie nehmen musste bezweifeln, denn wer würde schon ernsthaft Florence Foster Jenkins den Ruf als schlechteste Sängerin der Welt streitig machen?