Volkstheater Rostock – Widernatürliche Liaison? – STORIES4LOVE

Auf dem ersten Blick haben Michelangelo, der Roman Lolita von Vladimir Nabokov, Thomas Mann sowie die beiden Zwillinge Daisy und Violet Hilton nichts gemeinsam, wenn man aber etwas genauer hinschaut, dann findet man einige interessante Aspekte, die Bronislav Roznos für sein neuestes Ballett Widernatürliche Liaison? – STORIES4LOVE inspiriert haben. Das was sie alle verband war Liebe, aber es eine Liebe, die von der Gesellschaft nicht akzeptiert wurde. Als größter italienischer Künstler der Renaissance ging Michelangelo di Lodovico Buonarroti Simoni in die Geschichte ein, seine Neigungen konnte er seinerzeit nicht wirklich ausleben, dafür verewigte er diese in zahlreichen Kunstwerken. Als er gemeinsam mit Leonardo da Vinci vor die Aufgabe gestellt wurden, jeweils ein imposantes Fresko in Florenz zu gestalten, wählte er als Motiv die Schlacht von Cascina. Der 29. Juli des Jahres 1364 war ein heißer Tag, so heiß dass viele der florentinischen Soldaten ein Bad im Arno nahmen, das von den feindlichen Spionen nicht unbemerkt blieb. Obwohl die Feinde die Truppen beim Bad überraschten, sollte Florenz aus dieser Schlacht als Sieger hervorgehen und Michelangelo die Vorlage bieten, junge nackte Männer bei einem Bad zu malen.

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Neben der großen Marmorstatue des David, die eigentlich für die Kuppel es Florenzer Doms vorgesehen war, sollten aber die Fresken in der Sixtinischen Kapelle sein wohl größtes und bekanntestes Meisterwerk darstellen. Seinen heimlich Geliebten Tommaso de Cavalieri, den er angeblich nicht nur im Fresko Das jüngste Gericht verewigt haben soll, widmete er auch ein Sonnet, das eindeutiger nicht sein konnte. Als der begehrteste Künstler seiner Zeit hatte er zumindest einige schützende Hände über sich zu wissen. Nach Ansicht der italienischen Wissenschaftlerin Elena Lazzarini von der Universität Pisa sollen zahlreiche auf dem Fresko Das jüngste Gericht dargestellten Personen männliche Prostituierte gewesen sein, mit denen er sich angeblich getroffen haben soll, um sozusagen ihre Anatomie etwas genauer zu studieren. Im Gegensatz zu den Figuren die Leonardo da Vinci malte, fallen sogar Michelangelos Frauen recht maskulin aus, deutlicher können die Anhaltspunkte nicht ausfallen, mit denen er seine heimlichen Sehnsüchte in seiner Kunst umsetzte.

Ein weiter Künstler der seine homosexuellen Neigungen nie wirklich auslebte, ist der Literaturnobelpreisträger Thomas Mann, der in seinem Roman Der Tod in Venedig die Geschichte eines alternden Mannes erzählt, der sich unsterblich in einen jungen Mann verliebt und aus Liebe zu ihm vor einer drohenden Choleraepidemie nicht flieht und letztendlich durch diese stirbt. In gewisser Weise zeigt diese Erzählung autobiografische Züge auf, denn auch wie der Held seines Buches besaß Thomas Mann eine Vorliebe für junge Männer, wie die Tagebücher beweisen, die nach seinem Tod veröffentlich wurden. Wie auch bei Gustav von Aschenbach der seinen Tadzio innerlich anschmachtete, war es bei Thomas Mann nur eine Schwärmerei, dier er überhaupt zuließ. Einzig in seinem künstlerischen Werk sollte er seine Neigungen ausleben, das gesellschaftliche Umfeld war wahrscheinlich der Grund dafür, dass er diese nicht auslebte. Und um genau diese gesellschaftliche Akzeptanz geht es Bronislav Roznos bei Widernatürliche Liaison? – STORIES4LOVE, mit der er die Problematik aufzeigen will, dass viele Leute auch heutzutage nicht zu ihren Gefühlen stehen können.

Den ersten Einblick in das Ballett kann man am 11. März um 18:00 Uhr bekommen, wenn das Tanztheater Bronislav Roznos zu einer Einführung in das Intendanzfoyer lädt, um dort das Stück und seine Umsetzung vorzustellen. Bei einer anschließenden öffentlichen Probe kann man dann die Tänzerinnen und Tänzerinnen der Rostocker Tanzcompagnie bei der Ausarbeitung der Choreographien beobachten und einige Einblicke in die Arbeit des Balletts bekommen. Die Premiere von Widernatürliche Liaison? – STORIES4LOVE am Volkstheater Rostock wird ein paar Tage später sein. Dieses Ballett dürfte dann auch das letzte sein, welches Bronislav Roznos, zumindest als Leiter und Chefchoreograph des Tanztheaters, auf einer Rostocker Bühne inszenieren wird. Ob in den nächsten Jahren noch weitere Projekte mit ihm als Gastchoreograph möglich sein werden, wie sie bei seinem Rücktritt von der Intendanz angekündigt wurden, liegt dann aber in den Händen der Kulturpolitik, deren Sparpolitik die Existenz der Theater in Mecklenburg-Vorpommern bedroht.

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Premiere
16. März 2013
19:30 Uhr
Volkstheater Rostock